Feedback

Wer beobachtet verändert! - Was Führungskräfte von Quantenphysikern lernen können

Für Annette

Ich weiß nicht, was ihr braucht um über den Tellerrand hinaus zu denken, um kreativ zu sein, um neue Impulse zu entdecken und um ihnen nachzugehen. Ich brauche den Diskurs, den Austausch, die Diskussion mit anderen. Diese wertvollen Impulse von außen regen meine grauen Zellen an und lassen mein eigenes Denken bunter werden. Neben all den mehr oder weniger zufälligen Alltagsbegegnungen, die mich zum Denken bringen, gibt es auch eine winzig kleine Handvoll Menschen, die mich seit Jahren begleiten und mit winzig kleinen Nadelstichen für die spannendsten neuen Ideen und Perspektiven sorgen. Ich kann euch nur von ganzem Herzen wünschen, dass auch diese winzig kleine Handvoll Menschen habt, die euer Denken bunter und leichter machen.

Seit vielen Jahren ist Annette eine meiner wertvollsten Impulsgeberinnen. Verdammt, manchmal frage ich mich wirklich wie ein einziger Kopf nur so voll von bunten Ideen sein kann, wie Annettes. Vor einer guten Woche bin ich über Annettes Status in WhatsApp gestolpert: Ein Männchen sitzt mit Fernglas auf einer Kiste und schaut scheinbar konzentriert ins Weite. Auf der Kiste steht “Wer beobachtet verändert.” Ich bin begeistert und schreibe Annette, dass ich sie wahrscheinlich schon am nächsten Tag zitieren würde. Veränderung und wie man sich auf allen Ebenen verhält um den Veränderungsprozess bestmöglich zu unterstützen ist eines meiner momentan wichtigsten Themen. Dabei ist Beobachten gerade für Führungskräfte ausgesprochen wichtig und passiert aus meiner Sicht nicht nur in virtuellen oder hybriden Settings viel zu selten.

Annette pflichtete mir bei und ergänzte ganz nebenbei, dass es sich dabei aber eigentlich um eine Theorie aus der Physik handle.

Und stetig weitet sich der Horizont…

Das war wieder einer dieser Impulse: Ich musste es genauer wissen, damit ich am nächsten Tag auch kompetent zitieren konnte. Ich fragt Meisterin Google, die mir wie immer ausgesprochen klug und fundiert antwortete. Tatsächlich handelt es sich bei der Theorie, dass Beobachtung Wirklichkeit beeinflusst um eine der wohl rätselhaftesten Prämissen der Quantentheorie, die bereits 1998 durch ein Experiment des in Israel ansässigen Weizmann Instituts in einer Versuchsreihe bestätigt wurde. Das Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Heilblum hat wissenschaftlich belegt, dass Elektronen sich unter Beobachtung anders verhalten und bestimmte messbare Interferenzen im Zusammenspiel der Elektronen nur auftreten, wenn sie unbeobachtet sind…

Ich erspare ich euch quantenphysikalischen Details (es geht irgendwie um wellenförmiges und nicht-wellenförmiges Verhalten) und deren Bedeutung für die Technik der Zukunft, die auch ich nur ansatzweise verstanden habe und fasse das für den systemischen Berater Relevante zusammen: Unter Beobachtung verhalten sich Systeme anders, was wiederum bedeutet, dass der, der beobachtet auch verändert. Annette hat also recht. - Und ich konnte klug zitieren!

Das Konfetti in meinem Kopf

Was schließlich in meinem Kopf passiert, wenn derartige Impulse in den ein oder anderen Hirnregionen andocken ist ebenfalls ein wissenschaftliches Phänomen, dass ich nur in rudimentärsten Ansätzen verstehe. Es fühlt sich jedoch an als würde eine Konfettikanone alles einmal wild und kunterbunt durchmischen und eine neu (Un-) Ordnung voller Ideen entstehen lassen. Wie meine Hirnwindungen mich schließlich zum Thema Führungsverhalten im Rahmen von Veränderungsprozessen gebracht haben, ist deren Geheimnis. Aber die Erkenntnisse sind da und natürlich möchte ich diese nicht geheim halten.

Veränderung und Führung

Was Bedeutet Führung im Rahmen von Veränderungsprozessen überhaupt? Die wahrscheinlich wichtigste und wertvollste Erkenntnis für moderne Führungskräfte (nennt sie “Servant”, nennt sie “True”, nennt sie “Humble”, “Brave” oder was auch immer) sollte sein, dass Veränderung oder Change nicht mehr als singuläres Event zu verstehen ist. Veränderung ist der dauerhafte Normalzustand, angefeuert durch eine immer dynamischere und komplexere Umwelt. Das heißt der Veränderungsprozess wir niemals abgeschlossen sein und das ist gut so. Jede Organisation, jeder Organisationseinheit, jeder Einzelne von uns wird gnadenlos von der Dynamik unserer Welt überholt, wenn er in einen statischen Zustand kommt. Ob wir das nun als lernende Organisation oder kontinuierlichen Verbesserungsprozess bezeichnen, ist im Prinzip egal. Was zählt ist die Beweglichkeit.

Was brauchen Menschen, die in einer immerwährenden Dynamik wieder und wieder auf unbekannte Pfade geschickt werden? Raum und ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen. -Ich liebe es, wie mich mindestens 80% aller meiner Artikel stets zu meinem Kernthema, der sogenannten Psychologischen Sicherheit, führen!

Möchte ich als Führungskraft nun eine bewegliche, lernende Organisation, dann brauche ich als Basis Menschen, die sich sicher genug fühlen um Neues auszuprobieren, um innovativ zu sein, um kreativ zu sein und um den Raum, den ich ihnen im besten Fall gebe, auch zu füllen. Diese Menschen brauchen eine sichere Basis. Wie kann Beobachten zu dieser sicheren Basis beitragen? -Ganz einfach, wenn ich weiß, dass da jemand ist, der mir wohlwollend und unterstützend über die Schulter schaut, kann ich viel freier agieren und mein Potenzial voll ausschöpfen, weil ich vertraue, dass es OK ist, was ich tue, weil ich weiß, dass es gut ist, was ich tue. Und wenn es nicht gut ist bekomme ich wohlwollend Feedback, dass mich davor bewahrt in eine ungünstige Richtung abzubiegen.

Sicherheit geben durch wohlwollende Beobachtung

Es ist gefühlt mein täglich Brot, dass ich Führungskräfte dazu ermuntere, bewusst wahrzunehmen, was ihre Mitarbeitenden tun und dieses dann auch entsprechend anzusprechen, Feedback zu geben. Das steckt den Rahmen für die Mitarbeitenden ab und gibt das Gefühl von Sicherheit. Auf der anderen Seite ist es das täglich Brot der Führungskräfte, dass sie sich in hybriden oder virtuellen Settings immer schwerer tun, mitzubekommen, was ihre Teams tatsächlich tun. Beobachtung muss somit zu einer bewussten Entscheidung werden. Ich muss mir bewusst Zeit nehmen, um zu beobachten, was meine Mitarbeitenden tun. Ansonsten ist Feedback nicht möglich, ansonsten lasse ich eine wertvolle und einfache Möglichkeit ungenutzt, einen sicheren Rahmen in einer volatilen Welt zu schaffen.

Ich würde systemisch betrachtet sogar noch einen Schritt weitergehen: Auch Mitarbeitende können durch Beobachtung verändern. Denn auch Führungskräfte brauchen Feedback. In modernen Organisationsstrukturen wird Führung zunehmend zu einem interaktionellen Kreislauf. Das heißt die Führungskräfte werden geführt durch das Feedback ihrer Geführten. - So in etwa hat es der großartige Dr. Gunther Schmidt mal ausgedrückt. Und Recht hat er. Um gut führen zu können, sowohl auf der Ebene der direkten Mitarbeiterführung, als auch auf der Ebene der strategischen Entscheidungen, brauche ich Infos von vorderster Front. Um ein Servant Leader zu sein, muss ich wissen was meine Mitarbeitenden brauchen und wo die Schuhe drücken. Um strategisch gute Entscheidungen zu treffen, brauche ich eine möglichst breite Faktenbasis und im Elfenbeinturm der Führung bekomme ich viele Themen der Basis nicht automatisch mit. Wie relevant dieses Basisthemen jedoch sein können, hat uns dereinst Nokia eindrucksvoll bewiesen.

Mein Appell an alle Führungskräfte ist deshalb nicht nur ihre Mitarbeitenden wahrzunehmen und ihnen Feedback zu geben (und bitte nicht nur einmal im Jahr als bürokratischer Akt), sondern auch sich selbst als Mensch erlebbar zu machen und mit dem Team zu teilen, was man tut und denkt, denn nur dann haben die Teamkollegen einen Ansatzpunkt für Feedback. Liebe Führungskräfte, gebt euren Teams die Möglichkeit euch zu beobachten, euch zu erleben! Ja, auch das braucht Mut, aber der Nutzen ist enorm!

Und den Mitarbeitenden gebe ich den guten Rat wahrzunehmen, was ihre Führungskräfte tun und auch mal Feedback nach oben zu geben.

So erarbeiten sich beide Seite Vertrauen, Sicherheit und das gute Gefühl nicht allein zu sein. Ich beobachte und werde beobachtet. Eben das ist das Netz und der doppelte Boden, den ich brauche, um in einer mehrdeutigen, dynamischen, komplexen Welt mutig und kreativ zu sein.

Genießt euren Sonntag und probiert es vielleicht direkt am Montag mal aus.

Eure Constance

PS: Den nächsten Artikel gibt es nicht wie gewohnt in 14 Tagen, sondern erst in drei Wochen. Zum einen möchte auch ich nicht in zu tief ausgetretene Pfade der Gewohnheit geraten, zum anderen möchte ich in Ruhe und ein ganzes Wochenende lang Hochzeitstag feiern! ;)

Wer beobachtet verändert

Denn eine sich stetig wandelnde Welt brauch aufmerksame und präsente Frührung

Der Gatte bitte zum Jahresgespräch! - Personalentwicklung ab jetzt auch im Privatleben?!

Leader as Coach! Personalentwicklung 2.0

Mit zunehmendem Fokus auf Kennzahlen, Excel-Tabellen und Performance-Indikatoren scheint Personalführung und die damit zusammenhängende Personalentwicklung irgendwie zu einer Art Stiefkind der Chefetagen geworden zu sein. Zum Glück gibt es ja Personalabteilungen, die helfend unterstützen. Hier findet man an der Spitze dann häufig studierte BWLer oder Juristen, die sich dadurch qualifizieren, die Rechtslage genaustens zu kennen, oder die Zahlen im Griff zu haben. Rechtlich einwandfrei wird nun also mittels Stechuhr die Arbeitsleistung der Mitarbeiter im Stundentackt gemessen. Ebenso einwandfrei und strukturiert glaubt man nun auch die Potenzialentfaltung eines jeden Mitarbeiters vollumfänglich gestalten zu können. Wie ein Mantra hallt die Notwendigkeit der Nutzung des Humanvermögens durch die Unternehmensflure. Seinen Klimax findet dieser Prozess der Mitarbeiterentwicklung im Jahresgespräch. Wer meinen Blog schon länger liest, weiß, dass ich hierzu ein gespaltenes Verhältnis habe. Ich finde Feedback unglaublich wichtig. Ich finde sogar Feedback und Feedback-Formate sind die Basis erfolgreicher Zusammenarbeit. Wie um alles in der Welt hunderttausende kluge Personaler und Chefs zu der Überzeugung gelangt sind, dass man mittels regelmäßig gemessener Key-Performance-Indikatoren und einem meistens sehr verkrampften Gespräch alle zwölf Monate Menschen dabei helfen kann, ihr Potenzial voll zu entfalten ist mir allerdings schleierhaft. In der Planwirtschaft der Deutschen demokratischen Republik gab es im Arbeitsgesetzbuch von 1977 ein vergleichbares Konzept zur “allseitigen Entwicklung der sozialistischen Persönlichkeit”! Lustig, oder? Oder wahrscheinlich nicht! Ich muss trotzdem gerade lächeln.

Gleicher Prozess, neues Setting

Um selbst zu erspüren, wie (wenig) zielführend ein ebensolcher Prozess sein kann, habe ich mich, angeregt durch den großartigen Frank Dopheide und seinem Buch “Gott ist ein Kreativer, kein Controller” (absolute Leseempfehlung, so ganz nebenbei!), entschieden, diesen Prozess zur Potenzialentfaltung mal in einem anderen Kontext zu nutzen und meinen Mann zum Jahresgespräch gebeten. Etwas mehr Struktur und Effizienz kann zuhause ja auch nicht schaden.

So platziere ich mich also auf Augenhöhe gegenüber meinem Manne am Esstisch, lege einen Ordner auf den Tisch und hebe vielsagend die rechte Augenbraue. Mein Mann ist mit einem Coach verheiratet und somit einiges an Kummer gewöhnt. “Was wird das?”, fragt er. “ Das Jahresgespräch und deine Zielvereinbarung für das nächste Jahr, Schatz!”. Hat sein Auge etwa gerade gezuckt? Egal!

Um von Anfang an entsprechende Aufmerksamkeit zu bekommen, beginne ich mit dem 360 Grad Feedback: Ich präsentiere feierlich eine allumfassende Leistungsbewertung inklusive der Einschätzung meines Bruders, seiner Eltern, seiner Kinder, der Ex-Frau, dem Nachbarn, dem Gitarren-Kumpel, der Yoga-Lehrerin und meiner besten Freundin. Insgesamt gilt hierbei je detaillierte, desto aussagekräftiger. Der Gatte zeigt sich verwirrt bis ungehalten, aber hört ausgesprochen aufmerksam zu. Ein Auge zuckt immer mal wieder, definitiv. Ich kann es genau sehen.

Natürlich habe ich vorher alle spitzen Gegenstände und potenzielle Waffen aus der Wohnung entfernt. Gar nicht so ohne, so ein Jahresgespräch…

Anschließend leite ich zu den Key-Performance-Indikatoren über. Gelernt ist gelernt! Um hierbei zu einer realistischen Leistungseinschätzung zu gelangen und um eine mögliche Abweichung zwischen Selbst- und Fremdbild darzustellen, bediene ich mich marktüblicher Benchmarks. Natürlich müssen alle KPIs auch zu unserem ganz eigenen Set-Up passen, denn jedes Team funktioniert auf seine eigene und individuelle Art und Weise. Aber ein paar Punkte funktionieren immer und machen mir das Leben auch etwas leichter. Man kann ja nicht jedes Mal alles ganz individuell festlegen. Ein paar fixe Größen sind schon hilfreich. Es geht ja auch um Vergleichbarkeit! Frank Dopheide hatte ein paar gute Ideen, die ich natürlich gerne übernehme.

KPIs - oder das Ende der Ehe, äh, der Individualität

Ich beginne mit dem LQ-Faktor, also den Leadership-Qualitäten: hier gilt es zu sagen, dass mein Mann sämtlich relevanten Stakeholder, also mich, seine Kinder, seine Mutter, den Gitarren-Kumpel und seinen besten Freund alles in allem sehr gut führt. Kleine negative Abweichungen sind bei der Führung unseres Hundes Kurt festzustellen. Hier zeigt er sich wahlweise zu nachsichtig oder zu ungeduldig. Dafür zeigt er überdurchschnittliche Führungsqualitäten, wenn es darum geht Menschen an Telefonhotlines schwindelig zu diskutieren. Diskussionen bezüglich des Hundes ersticke ich im Keim. Immerhin handelt es sich um ein Feedback, dass es natürlich anzunehmen gilt! Das Auge meines Mannes zuckt stärker…

Als nächstes besprechen wir den SpW Wert, also “Sex pro Woche”, als Indikator für die aktuelle Markattraktivität. Selbstverständlich werden hierbei individuelle Faktoren wie Beziehungsphase und Familienplanung, sowie die Anwesenheit eines Hundebabys berücksichtigt. Ich denke ihr seht es mir nach, wenn ich die Ergebnisse in einem vertraulichen Rahmen belasse. Immerhin wurde das Augenzucken beim Gatten kurzzeitig weniger!

Beim Thema ProIA, also den Proactive Initiative Assignments bin ich gerne wieder etwas transparenter, gilt es doch zu beleuchtet, wie es um den Mut meines Mannes bestellt ist, etwas Neues auszuprobieren. Ein großer Pluspunkt ist hier, dass er sich in diesem Jahr entschieden hat, einen neuen Job auszuprobieren und hierbei sogar ausgesprochen erfolgreich war und ist. Auch begibt sich mein Mann zunehmend auf kulinarische Wagnisse. OK, getriggert durch den neuen Thermomix, über den wir später noch werden reden müssen. Aber die neue Experimentierfreudigkeit beim Kochen ist trotzdem bemerkenswert! Bleiben wir also zunächst bei den Pluspunkten: immerhin war der Gatte mit mir im Yoga-Retreat, hat sich auf das Abenteuer Hund eingelassen, außerdem beschäftigt er sich zunehmend auch mit Soft Skill Themen und New Work. Ich muss sagen, ich bin ausgesprochen zufrieden und würde mich hier sogar zu einem “Over-Performed” hinreißen lassen. Ich frage mich, warum das Auge meines Mannes trotzdem noch zuckt und die Sehschlitze enger zu werden scheinen! Das war ein klares Lob! Egal! Weiter im Text, äh der Struktur…

ProIA führt uns zwangsläufig zu SoKo, den sozialen Kompetenzen. Hierbei ist positiv herauszustellen, dass mein Mann nicht nur die üblichen Wege zum Pflegen sozialer Kontakte nutzt (also direkte Ansprache), sondern auch jede Form der technologisch unterstützen Kontaktaufnahmen. So telefoniert er regelmäßig mit seiner Mutter, die (erwachsenen) Kinder werden per WhatsApp kontaktiert und auch mit meinem Teil der Familie wird ein positiver und regelmäßiger Austausch gepflegt. Um mit meinem Cousin zweiten Grades den Kontakt zu pflegen hat er sogar so eine WhatsApp-artige App installiert, die es mit dem Datenschutz etwas genauer nimmt. Eben diese App nutzt er auch zur Kontaktpflege mit dem Freund meiner besten Freundin! Außerdem hat mein Mann die Wohnung seines Schwagers (also meines Bruders) gestrichen und seinen beiden Kindern beim Umzug geholfen. Außerdem möchte ich in Hinblick auf die SoKo-Werte unbedingt noch festhalten, dass in besagtem Yoga-Retreat auch meine beste Freundin mit Partner dabei war. Hier agierte er sehr integrierend und stets freundlich. Auch war seine Initiative zum gemeinsamen Gin-Yoga mit den anderen männlichen Begleitern des Retreats bemerkenswert. Ich erkläre meinem Mann also feierlich, dass ich auch diesen Bereich als klar “over-performed” einschätzen würde und frage ob das auch seiner Wahrnehmung entspreche… Sollte es mich stutzig machen, dass er nicht antwortet, dafür aber die Lippen aufeinanderpresst und mich durch winzig kleine Sehschlitze anstarrt? Das Auge zuckt übrigens immer stärker! Egal, man muss da eben einmal im Jahr durch und außerdem ist Feedback ja wohl ein Geschenk! Das haben wir alle gelernt!

Kommen wir zu unserem nächsten KPI, dem NFQ, dem New Friends Quotienten! Hier lässt sich sagen, dass es ihm gelungen ist, eine solide neue Freundschaft aufzubauen, die er auch proaktiv pflegt. Es handelt sich übrigens um ein Mitglied der Gin-Yoga-Connection. In Anbetracht der schwierigen Umstände durch Corona und Kontaktsperren will ich ihm das dieses Jahr durchgehenlassen. Allerding geben ich an dieser Stelle bereits zu verstehen, dass sich dieser Punkt im nächsten Jahr verbessern muss und wir das auch selbstverständlich in den Jahreszielen, die es im nächsten Schritt zu vereinbaren gilt, festhalten werden. Vorher müssen wir uns aber unbedingt noch die QRs anschauen… Die zuckenden Sehschlitze meines Mannes verengen sich zusehends. Ich glaube es kommt auch etwas Dampf aus der Nase und die Ohren sind tief rot, fast wie bei einem Tasmanischen Teufel!

Egal! Zu den QRs, den Quick Results: Erfreulicherweise ist das ein Bereich, der sich sehr eindeutig darstellt, geht es doch um den messbaren Umgang mit Finanzen. Leider ein eher unerfreuliches Thema! Ich beginne mit dem bereits angesprochenen Thermomix, der eine sehr spontane und nicht notwendige Ausgabe seinerseits darstellt. Natürlich erwidert er, dass ich ja auch davon profitiere. Aber darum geht es an dieser Stelle nicht! Betrachtet man den Kosten-Nutzen-Faktor wäre es durchaus möglich, klassisch zu kochen, mit etwas Übung auch mit einem vergleichbaren Ergebnis! Ferner gilt es festzustellen, dass die Ausgaben für Lebensmittel zu hoch sind. Im Rahmen eines professionellen Einkaufsverhaltens erwarte ich eine klar nachvollziehbare Kostendiskussion mit dem Lieferanten. Dazu liegt mir nichts vor. Ferner gab es teure technische Ausstattung, ohne zwingende Notwendigkeit und die alte Technik wurde dem Sohn sogar kostenfrei überlassen. Ein derartiges Verhalten ist ausgesprochen wenig ressourcenorientiert. Ich mache keinen Hehl daraus, dass es hier sofort und noch im laufenden Jahr zu Anpassungen kommen muss, um wenigstens mit einem blauen Auge davon zu kommen. Eine sofortige und restriktive Ausgabenkontrolle muss her, auch in Hinblick auf die Weihnachtsgeschenke (meines natürlich ausgenommen!). Und natürlich ist das ein Punkt, den wir im Zusammenhang mit der Zielvereinbarung für das nächste Jahr genaustens anschauen müssen.

Welch brillante Überleitung zur Zielvereinbarung meinerseits! So etwas kann man nicht lernen… Aber Moment! War das gerade die Wohnungstür, die mit einem lauten Knall ins Schloss gefallen ist?

Der Hund steht verdutzt im Flur und ich daneben! Weg ist er! Und das obwohl ich mir einen so tollen Entwicklungsplan ausgedacht habe, mit super SMARTen Zielen: alle Ausgaben werden vorher mit mir besprochen, damit mein Mann durch meine Unterstützung lernen und wachsen kann, das Yoga-Retreat für Fortgeschrittene ist gebucht, weil mein Mann etwas Höhenangst hat, habe ich ihm einen Fallschirm-Tandemsprung organisiert (man muss ja auch mal raus aus der Komfortzone), da er nicht tanzen kann, wollte ich ihm einen Tanzkurs anbieten (lateinamerikanisch versteht sich; weil kulturelle Vielfalt essenziell ist), da mein Mann augenscheinlich gerne telefoniert, könnte er auch noch regelmäßig mit einer meiner Tanten telefonieren, um meinen Teil der Familie bestmöglich in sein tägliches Tun zu integrieren, und so weiter und so fort…

So gut, strukturiert und auch ein ganzes Jahr im Voraus geplant und dann ist mit einem großen Knall alles hinfällig! Ganz schön dynamisch und komplex eine solche Partnerschaft!

Denn der Mensch passt in keine Excel-Tabelle

Keine Sorge, natürlich würde ich ein solches Gespräch niemals mit meinem Mann führen! Niemals! OK, wir führen regelmäßig Gespräche um an unserer Beziehung zu arbeiten, um unsere Team-Performance zu verbessern. Das ist nicht nur OK, sondern auch wichtig, um zu wachsen, zu lernen! Aber niemals würde ich meinen Mann und unsere Beziehung in ein derart enges Korsett packen. Menschen gehören nicht in Excel-Tabellen! Privat nicht und meiner Meinung nach auch nicht im Job. Natürlich müssen Unternehmen eine Möglichkeit habe, ihren Mitarbeitern Ziele zu setzen, deren Performance wahrzunehmen und ggf. eine Richtung anzupassen. Hierbei handelt es sich jedoch um einen permanenten Prozess (wie in einer guten Ehe) und nicht um einen jährlichen Verwaltungsakt. Denn Menschen die einem wichtig sind, sollte man auch entsprechend behandeln. Das bedeutet in erster Linie, man ist in einem permanenten Austausch, gibt Feedback, erfragt sich Feedback, versteht Problemräume und agiert empathisch und mit Verständnis.

Ich weiß, diese Jahresgespräche gehören inzwischen zur DNA fast aller Unternehmen. Deshalb könnte man ja damit anfangen, dass Führungskräfte darauf achten, dass nichts, was im Jahresgespräch auf den Tisch kommt, nicht bereits zuvor in einem natürlichen, vertrauten Setting angesprochen wurde. Hat den schönen Nebeneffekt, dass man permanent im Austausch bleibt, ganz so wie in einer guten Ehe! Vielleicht nimmt das diesen furchtbaren Gesprächen auch ein wenig die Schwere… Nur so eine verrückte Coach-Idee!

Habt einen zauberhaften zweiten Advent. Für den Fall, dass ihr eure Jahresgesprächen noch vor euch habt: toitoitoi! -Und probiert das auf keinen Fall zuhause aus!

Eure Constance

Wenigstens der Hund hört zu…

Aus der beliebten Rubrik: Bitte nicht zuhause versuchen!

Feedback... Immer diese alte Leier

Feedbackkultur und kulturelle Veränderungen

Wenn man mich fragt, womit ich mich dieser Tage am intensivsten beschäftige, dann sind es Teamdynamiken und die damit zusammenhängende Feedbackkultur innerhalb des Teams oder einer gesamten Organisationseinheit. Hierbei gilt die kluge Erkenntnis einer Führungskraft, mit der ich zu diesem Thema in den Austausch gegangen bin, dass ja auch die Abwesenheit von Feedback eine Feedbackkultur ist. Was soll ich sagen? Recht hat er! Die Art und Weise, wie Feedback in das alltägliche Tun integriert wird, oder eben auch nicht, ist Teil des kulturellen Miteinanders innerhalb eines Teams, einer Organisationseinheit oder sogar einer kompletten Organisation. Dementsprechend ist der Wandel hin zu mehr offenem und selbstverständlichem Feedback nicht mehr und nicht weniger, als ein kultureller Wandel. Diese kulturellen Veränderungen gehen sehr tief und brauchen Zeit. Es ist sicher nicht damit getan, anzuordnen, dass es ab jetzt anders zu sein hat.

Über Selbstbild, Fremdbild und Persönlichkeitsentwicklung

Ich habe einige Führungskräfte getroffen, die genau einen solchen Wandel angeordnet haben. -Und gerade zu empört waren, dass sich nichts getan hat! Sie haben verstanden, wie wichtig Feedback für ein erfolgreiches Miteinander ist. Sie haben verstanden, dass es oft eine gewisse Diskrepanz zwischen dem Selbst- und dem Fremdbild gibt und man nur über Feedback erfährt, wie andere einen wahrnehmen. Sie haben verstanden, dass so ziemlich jeder immer sein Bestes gibt, dass unsere Welt jedoch so komplex und dynamisch ist, dass Menschen trotzdem Fehler machen, in die falsche Richtung abbiegen. Oft bekommen viele Menschen mit, dass da einer falsch abbiegt. Sie sagen jedoch nichts und der Betroffene ist fest davon überzeugt, den richtigen Weg einzuschlagen. In einer lebendigen Feedbackkultur passen Menschen aufeinander auf, schützen sich gegenseitig vor Fehlern und lösen Probleme gemeinsam, falls doch mal etwas schiefgegangen ist.

Auch Führungskräfte profitieren von einer offenen, ehrlichen und lebendigen Feedbackkultur. In der letzten Woche habe ich vom Eisberg der Ignoranz berichtet, auf dem der ein oder andere Manager recht selbstzufrieden saß, im festen Vertrauen darauf, dass der Laden läuft. Leider haben diese Herren dann erst zu spät gemerkt, dass es in eine völlig falsche Richtung ging. Was ihnen fehlte, waren die notwendigen Informationen von vorderster Front. Über Probleme wurde in ihren Organisationen nämlich nicht offen gesprochen. Fataler Fehler!

Kleine Notiz am Rande: In den mir bekannten Fällen waren es tatsächlich immer Männer, die auf diese Art und Weise Unternehmen bis an den Rand des Abgrundes managten. Ein Schelm wer da Böses denkt! Es muss primär daran liegen, dass Frauen einfach noch nicht genügend Chancen hatten, um als Managerinnen zu versagen!

Aber zurück zum eigentlichen Thema: Das Ding mit dem Feedback! Ja, viele Führungskräfte haben sehr viel verstanden, wenn es um Feedback geht. Was die meisten jedoch noch nicht verstanden haben, ist dass es nicht ausreicht, den Mitarbeitern gebetsmühlenartig zu erklären, wie es geht und warum es wichtig ist. Irgendwie braucht es mehr! Selbst ich ertappe mich immer wieder dabei, zu erklären, was der Benefit einer offenen, hierarchieübergreifenden Feedbackkultur ist. Zusätzlich erkläre ich auch noch ganz ausführlich, wie man rein technisch gesehen Feedback gibt. Und jedes Mal komme ich an den Punkt, an dem ich mir halbwegs doof vorkomme, denn meine für gewöhnlich klugen und sehr gut ausgebildeten Zuhörer wissen doch bereits warum Feedback wichtig ist. Ich kann diesbezüglich allerhöchstens noch meinen geliebten Impuls in Hinblick auf die Physiologie der menschlichen Wahrnehmung und Watzlawicks Radikalen Konstruktivismus geben, oder auf das Johari Fenster und das Phänomen von Selbstbild und Fremdbild hinweisen. Für gewöhnlich wissen meine Teilnehmer auch wie man Feedback rein technisch gibt und auf was es dabei ankommt. Ich freue mich immer , wenn der ein oder andere mein geliebtes WWW-Prinzip noch nicht kennt. Aber in den meisten Fällen ist selbst das für meine Teilnehmer eine Wiederholung. Fast etwas frustrierend!

Feedback: Vom Können zum Tun

Genau das wird in den nächsten Wochen meine Herausforderung an allen Ecken und Enden sein. Ich habe es mit Menschen zu tun, die wissen, wie wichtig Feedback ist, die sich wünschen, in einen besseren Austausch mit ihren Kollegen zu sein. Ich treffe auf Führungskräfte, die sich offenere, ehrlichere und ruhig auch ungemütlichere Mitarbeiter wünschen. Ich darf mit ganzen Organisationseinheiten arbeiten, die sich im Rahmen von Mitarbeiterbefragungen eine lebendigere Feedbackkultur wünschen. Sie wollen es und doch tun sie es nicht! Und hier ist guter Rat teuer! Dann fangt doch einfach an, möchte man ihnen zurufen. Aber so leicht ist es eben nicht. Immerhin reden wir hier von einer Veränderung im kulturellen Miteinander. Hierzu braucht es mehr als ein “macht mal!”. Spannend für mich als Coach und Trainer ist es, herauszufinden, warum es die betroffenen Kollegen nicht schaffen, ins Tun zu kommen. Die Antworten können hierbei sehr unterschiedlich sein und reichen von einer allgemeinen Verunsicherung, bzw. fehlender Psychological Safety, wie Prof. Amy C. Edmondson das nennt, bis hin zu einem zu hohen Stresslevel, welcher einen schlicht und ergreifend vergessen lässt, sich auch noch um das Miteinander im Team zu kümmern. Für mich gilt es nun Brücken zu bauen, die so unterschiedlich aussehen, wie die Organisationseinheiten, mit welchen ich zusammenarbeite. Klar sind da Bereiche dabei, mit welchen ich am Thema der Psychological Safety arbeiten werden. Hier geht es darum, Menschen mutiger zu machen. Die Brücke, die ich hier gerne baue, ist die, mit positivem Feedback nach dem WWW-Prinzip anzufangen und wenn es doch einmal zu einer Situation kommt, in der es nicht nur darum geht, dem anderen zu sagen, wie toll er ist, sich mit Hilfe des WWW-Prinzips und dem Drei-Welten-Modell von Bernd Schmid durch die Situation zu hangeln. -Im festen Vertrauen darauf, dass es einem von Mal zu Mal leichter fällt. So steigt mit jedem gegebenem und erhaltenen Feedback das subjektiv empfundenen Sicherheitsgefühl. Weiß man doch, dass man in einer Kultur unterwegs ist, in der nicht über- sondern miteinander gesprochen wird.

Findet Feedback nicht statt, weil alle in ihren Hamsterrädern gefangen sind, zu gestresst um sich mit Dingen zu beschäftigen, die über das eigentliche Arbeiten hinausgehen, dann braucht es Brücken in Form von Ankern und Unterstützern (hier legt dann der NLPler in Ausbildung in mir los!). Ich brauche eine konkrete Erinnerung, eine die ich sehen und fühlen kann, um das, was ich mir vorgenommen habe, umsetzen zu können, ohne dass mich der tägliche Wahnsinn dabei überholt. Lacht nicht, ich verteile hierbei gerne Steine, die sich wahlweise auf dem Schreibtisch rechts oder rechts in der Hosentasche befinden. Für jeden Stein muss ein (positives) Feedback nach dem WWW-Prinzip gegeben werden. Für jedes Feedback wandert ein Stein von rechts nach links und am Ende des Tages sollen sich alle Steine links befinden. So einfach und so kompliziert! Der gute alte Knoten im Taschentuch! Zusätzlich formiere ich gerne kleine Gruppen, die sich gegenseitig unterstützen und daran erinnern, Feedback zu geben. Für gewöhnlich sind wir alle deutlich besser darin, andere zu unterstützen und andere an etwas zu erinnern, als wir es sind, wenn es um uns selbst geht.

So ermuntere ich meine Teilnehmer, zwei bis drei Monate die Steine zur Orientierung dabei zu haben und sich gegenseitig zu unterstützen, hoffend, dass Feedback geben so mit der Zeit zu einem Automatismus und somit auch zu einer neuen Kultur wird.

Und dann?

Ja, dann hat der Coach geholfen, Brücken zu bauen. Das heißt, jetzt muss er gleichzeitig loslassen und für Nachhaltigkeit sorgen, das heißt ein System implementieren, dass die Feedbackkultur am Laufen hält, ganz ohne ihn! Denn machen wir uns nichts vor, ein Coach sollte nie Teil des Systems sein, sondern vielmehr immer aus der Metaebene agieren. Die richtig guten Coaches machen sich ganz schnell überflüssig. Solltet ihr mal auf der Suche nach einem guten Coach für euch selbst sein, nehmt euch einen, der Zeit hat und nicht einen, der euch auf eine ewig lange Warteliste setzt. -Nur so am Rande!

Zurück zum Thema Feedback und einem klitzekleinen Mini-Coaching, dass ich euch an diesem Sonntag gerne als Anregung mitgeben möchte: Ihr habt doch sicher auch schon die ein oder andere Feedbackschulung gehabt, oder! Und? Seitdem gebt ihr immer Feedback! Wirklich immer? Oder gehört ihr auch zu denen, die es manchmal vergessen, weil so viel los ist, oder zu denen, die sich manchmal einfach nicht trauen? Keine Sorge, das ist total normal und absolut menschlich. Vielleicht nehmt ihr ja meinen kleinen Artikel zum Anlass, um mal ganz für euch selbst darüber nachzudenken, was euch hier und da davon abhält, Feedback zu geben und welche Brücken ihr euch bauen könnt, um es trotzdem zu tun! Denn wie Feedback geht, warum es wichtig ist und weshalb nicht nur die Organisation, sondern auch ihr selbst davon profitiert, wisst ihr sicher ganz genau!

Viel Spaß beim Bauen eurer eigenen Brücken!

Eure Constance

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Feedback geben!

Denn wir alle brauchen Brücken!