UNternehmenskultur

Richtige Kommunikation im Business: Wieviel Klarheit und wieviel Taktgefühl sollten es sein?

Kognitive Diversität immer und überall…

Kommunikation ist gefühlt immer Teil des Problems. - Und natürlich auch immer elementarer Teil der Lösung. Wir interpretieren, wir verallgemeinern, wir lassen Dinge weg, fügen Dinge hinzu, wir gehen davon aus, dass das, was für uns völlig klar ist, auch für alle anderen klar sein muss und öffnen somit Tür und Tor für Missverständnisse. Wir reden aneinander vorbei, laufen im festen Glauben an einem Strang zu ziehen in völlig unterschiedliche Richtungen! Tolle Voraussetzungen für ein gut funktionierendes Team.

Die Gründe für dieses Tohuwabohu im kommunikativen Miteinander sind so vielfältig wie die Tiere des Meeres oder die Vögel am Himmel. Würde man diese Gründe auf einen gemeinsamen Nenner bringen, würde ich diesen mit der kognitiven Diversität von uns Menschen umschreiben. Wir alle nutzen ein und die selbe Sprache ganz unterschiedlich. Wir kommunizieren auf unterschiedlichen Ebenen, haben unterschiedliche Ansätze, wie wir Information kodieren und dekodieren. Bücher wurden darübergeschrieben und ich denke manchmal wir haben das Phänomen der Kommunikation noch immer nicht gänzlich umrissen. Somit ist mein Ansatz, in kleine Bereiche tiefer einzutauchen und sie etwas isolierter zu betrachten, auch wenn eine isolierte Betrachtung natürlich immer auch lückenhaft ist. Für diesen Artikel habe ich mir vorgenommen dem Phänomen “Taktgefühl vs. Klarheit” im Business-Kontext ein klein wenig auf den Grund zu gehen.

Kulturelle Aspekte treffen auf individuelle Bedürfnisse

Besonders auffällig ist der Hang zu Klarheit oder verklausulierte Höflichkeit, wenn Menschen unterschiedlicher kultureller Hintergründe aufeinandertreffen. Wir Deutschen gelten hierbei als sehr klar und Klartext-freudig, werden deshalb gerne auch mal als unhöflich, taktlos oder unfreundlich wahrgenommen, während beispielsweise in England sehr verklausuliert, vorsichtig und ritualisiert vorgegangen wird, wenn es um ein konstruktives Feedback geht, oder darum auszudrücken, dass man mit Etwas nicht zufrieden ist. Auf uns Deutsche wirkt das häufig wie eine Art nebulöses um den heißen Brei herumreden. Ich erinnere mich an einen Vorfall bei einem internationalen Unternehmen, in dem ein deutsches Projektteam nach England berichtete und auf alle Updates die Rückmeldung “quite good!” erhalten hat. Also arbeiteten sie weiter in die gleiche Richtung. In England wuchs der Unmut, weshalb die Deutschen das taten. “Quite good!”, also ziemlich gut, ist die landläufig höflich angemessene Art zu erklären, dass einem eine Entwicklung missfällt. Das Ding eskalierte schließlich. In Deutschland war man empört, dass die Engländer immer nur so nebulös rumschwafelten und in England war man sich einig, dass die Unhöflichkeit der Deutschen komplett unangemessen sei…

Was irgendwo unterwegs auf der Stecke geblieben war, war das Bewusstsein, dass die Deutschen einfach nur klar und deutlich sein wollten, um das Projekt voran zu bringen und die Engländer taktvoll sein wollten, um Niemandem auf persönlicher Ebene vor den Kopf zu stoßen. Beides aus meiner Sicht sehr lobenswerte Ansätze im Businesskontext. Leider treibt unser Grundbedürfnis nach Zugehörigkeit uns Menschen häufig dazu uns als Vertreter unserer jeweiligen Gruppen zu sehen. Ein Die-und-Wir entsteht fast automatisch. Das heißt wir empfinden das Verhalten der anderen als direkten Angriff unserer Identität. Die jeweils andere Herangehensweise wird nur noch in einer Art entwertender Übertreibung wahrgenommen. So gibt es hier wie auf der schönen Insel jenseits des Ärmelkanals gar wundervolle Karikaturen des unhöflichen Deutschen und des nebulös steif herumdrucksenden Engländers…

Wieviel Taktgefühl sollte es denn nun sein?

Nun ist das Beispiel Deutschland-England ein recht drastisches. Wenn wir über Diversität sprechen, neigen wir häufig dazu, uns auf die plakativen Themen wie Geschlecht oder Herkunftskultur zu stürzen, dabei gibt es auch bei Menschen gleichen Geschlechts und gleicher Herkunft unterschiedliche Bewertungen zum Thema Klarheit vs. Höflichkeit. Ich erlebe hierbei unternehmenskulturelle Färbungen, teamkulturelle Färbungen und selbstverständlich erlebe ich auch auf Ebene des Individuums unterschiedliche Bedürfnisse was Klarheit und Achtsamkeit im Umgang miteinander anbelangt. Aus diesem Grund lässt sich eine Grenze zwischen Klarheit und Unhöflichkeit, zwischen taktvoller Achtsamkeit und unklarem Herumdrucksen nicht eindeutig ziehen. Die Bedeutung der Nachricht bestimmt am Ende immer der Empfänger, weshalb es wichtig ist, über Themen wie Feedbackkultur bereits auf Teamebene zu sprechen. Wieviel Klarheit braucht es? Auch an wichtigen Schnittstellen jenseits des eigenen Teams ist es in einem komplexen Umfeld unabdingbar, mit dieser Thematik transparent umzugehen. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist es jedoch zu verstehen, dass keiner dieser beiden Pole absolut gut oder absolut schlecht ist. Zum Problem wird beides, wenn es in meiner Wahrnehmung zu einer entwertenden Übertreibung wird. - Wird aus dem positive Ansinnen achtsam und respektvoll mit mir als Mensch umgehen zu wollen ein unklares, nebulöses Herumschwafeln und wird aus einer ergebnisorientierten Klarheit kränkende Direktheit haben wir plötzlich ein Thema. Aber wie gesagt, zum Glück bestimmt die Bedeutung der Nachricht wie gesagt immer der Empfänger und da wir ja alle wohlwollend und großzügig sind, wird uns eine derartige Fehldeutung natürlich nicht unterlaufen. -Oder doch?

In diesem Sinne wünsche ich euch allen einen harmonisch klaren Sonntag gespickt mit Taktgefühl und Klartext! Ich habe mich entschieden, es heute bei einem ganz kurzen Impuls zu belassen. Es müssen ja nicht immer Tausende von Worten sein um den ein oder anderen Perspektivwechsel anzuregen. Vielmehr wünsche ich mir heute noch etwas Zeit, mich auf meine Couch zurückzuziehen, denn dieses Wochenende steht für mich ausnahmsweise mal nicht unter dem Stern des Coachings und der Weiterentwicklung. Mein kleiner Bruder hat an diesem Wochenende geheiratet und da ist mir spontan mal wieder aufgefallen, dass es Wichtigeres gibt, als das Big Business. Ist da nur ausreichend Liebe in unseren Herzen machen wir uns über diese Feinheiten zwischen Taktgefühl und Klarheit ohnehin keinen Kopf, denn dann ist alles ganz einfach, ganz klar und taktvoll empathisch!

Vielleicht habt ihr ja in der nächsten Woche Lust, euer ganz persönliches Spannungsfeld zwischen Klarheit und kränkender Direktheit, zwischen Taktgefühl und nebulösem Geschwafel ein wenig zu erforschen und macht es heute wie ich: Ab auf die Coach und den Sonntag genießen…

Eure Constance

Kommunikation ist immer Teil des Problems

Wieviel Klarheit darf es sein?

Sind wir die, die unendlich viel wissen und nichts mehr verstehen?

Die Suche nach Bedeutsamkeit

Nach meinem Workshop an der Uni in Maastricht Anfang Dezember schrieb mich eine der Studentinnen an. Sie untersucht im Rahmen ihrer Masterarbeit den Zusammenhang zwischen dem Konzept der “Job Meaningfulness”, also welche tiefere Bedeutung oder welchem Sinn wir unserem täglichen Tun geben, und Business Coaching. -Oder kurz gesagt welche Rolle Meaningfulness im Business Coaching spielt. In einem ersten Austausch zum Thema habe ich Jana spontan geantwortet, dass für mich als Coach die wichtigste aller Fragen, im Business wie auch privat, “Wofür?” ist. In einer zunehmend komplexen und immer dynamischeren Welt läuft der Mensch immer deutlicher Gefahr, die Richtung zu verlieren. Dieser Verlust an Richtung hat unterschiedliche Auswirkungen. Ich weiß, dass Burnout ein sehr vielschichtiges Krankheitsbild darstellt. Aber ich persönlich glaube nicht, dass Menschen primär ausbrennen, weil sie zu viel arbeiten, sondern weil sie nicht verstehen, wofür das alles gut sein soll. Wenn ich das Hamsterrad am Laufen halte, um das Hamsterrad am Laufen zu halten, kann das definitiv zu Frust, Demotivation und depressiven Verstimmungen führen. Ich erinnere mich noch daran, wie ich das Thema “Social Change in Human Factors” für einen Workshop in der Luftfahrt beleuchtet habe. Damals, in den achtziger Jahren, war, so glaube ich mich zu erinnern, Volvo das erste “Fließbandunternehmen”, das verstanden hat, dass Mitarbeitende bessere Leistungen erbringen, weniger krank und zufriedener sind, wenn sie den Sinn und Zweck ihrer Arbeit im Kontext des großen Ganzen verstehen und nicht einfach tagein, tagaus die gleiche Schraube ins gleiche Loch drehen um die Schraube ins Loch zu drehen. Der Mensch hat ein intrinsisches Bedürfnis nach Bedeutsamkeit und Sinn. -Und kann auch nur so Höchstleistungen erbringen. Die Straße zum Erfolg ist somit also mit magischer Bedeutsamkeit gepflastert.

Auch im Rahmen von Entscheidungsfindungsprozessen spielt das Wofür, bzw. das Ziel oder die Bedeutung hinter der Entscheidung eine wichtige Rolle. Leider fehlt es uns im Alltag scheinbar immer wieder an Zeit, uns die Wofür-Frage zu stellen. Als Coach im Business-Kontext biete ich meinen Kunden, Einzelkunden, wie auch Teams oder ganzen Organisationsstrukturen, den Raum, sich dahingehend zu reflektieren. Mein “Wofür” als Coach sehe ich vor allem auch darin, Menschen dabei zu unterstützen, in einer unübersichtlichen Welt, die im Außen immer weniger Orientierung bietet, ihre Orientierung im Innen zu finden, ihren inneren Kompass, der dem eigenen Tun im Einklang mit individuellen Werten und Glaubenssätzen Sinn oder Bedeutung gibt. Denn machen wir uns nichts vor: Am Ende möchte niemand von uns ganz und gar bedeutungslos sein. So kann es die Bedeutung sein, die unseren Entscheidungen in einer mehrdeutigen und unübersichtlichen Welt die nötige Richtung gibt.

Ich bin sehr gespannt auf mein offizielles Interview im Rahmen von Janas Forschung und natürlich auf ihre Ergebnisse.

“… randvoll mit Wissen aber mager an Erkenntnis.”

So ging ich also in die Weihnachtszeit. Das Thema “Bedeutung” hat mich aber nicht mehr losgelassen. Warum, oder WOFÜR braucht es Armadas von Coaches, die Menschen dabei unterstützen ihre Richtung zu finden? Offensichtlich haben sich meine werten Kolleginnen und Kollegen ähnliche Gedanken gemacht. Vielleicht sind diese Gedanken Teil des Zeitgeistes… Bei LinkedIn bin ich über ein Zitat von Roger Willemsen gestolpert, das mit folgenden Worten endete: “Wir waren jene, die wussten, aber nicht verstanden, voller Information, aber ohne Erkenntnis, randvoll mit Wissen, aber mager an Erkenntnis.” Oder wie Oscar Wilde es viele Jahre zuvor ausdrückte: “We read too much to be wise.” Und auch damit stand der von mir so verehrte Wilde nur in der Tradition einer Erkenntnis, die noch viel älter war. “Sapere Aude!” -”Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen,” rief Immanuel Kant der Menschheit bereits 1784 zu. Aber was ist, wenn wir glauben, keine Zeit mehr zu haben, um zu denken. Unser Verstand ist langsam und träge. Das hat schon Daniel Kahneman ausführlich beschrieben.

In einer zunehmend digitalen Welt, in der Informationen in einer ungefilterten Flut überall und stets verfügbar sind, sind wir alle dazu verführt zu konsumieren, was das Zeug hält. Nehmen wir uns die Zeit, alles das in einen Kontext zu setzen, darüber zu reflektieren, uns bewusst zu werden, was das alles denn nun wirklich für uns bedeutet? -Wofür das alles hilfreich oder hinderlich ist? Ich kann nur für mich sprechen, aber mir fällt es durchaus schwer, mir dieses Zeit zu nehmen, weil ich immer wieder behaupte, dass ich sie nicht habe.

Die Stilblüten dieses Verhaltens nehmen wir meiner Meinung nach inzwischen selbst in höchsten politischen Diskussionen wahr. Vor ein paar Tagen sagt der Präsident des Verfassungsschutzes in einem Bericht der guten alten Tagesschau (ich bin super “old school” was meinen eigenen Medienkonsum betrifft!), dass er unsere Demokratie in Gefahr sieht! “Hoppala,” dachte ich mir. Die schweigende Masse müsse sich erheben. Und wahrscheinlich hat der damit irgendwie recht. Aber nun stelle ich mir vor, dass auch noch die schweigende Masse auf allen Kanälen ihre Meinung kundtut. Das entschleunigt in keinster Weise. Vielleicht trägt genau das sogar zu einer weiteren Eskalation bei.

Informationsflut bis zum Ende der menschlichen Freiheit?

Wie sollen wir als Gesellschaft nun umgehen mit diesem Überangebot an ungefilterter Information in einer Welt, die sich immer schneller zu verändern scheint? Die Diskussionen über die Kontrolle sozialer Medien oder über den Umgang mit künstlicher Intelligenz sind allgegenwärtig und ich merke, dass ich absolut zwiegespalten bin. Meine Freiheit (auch in Hinblick auf die Wahl meiner Informationskanäle) ist einer meiner höchsten Werte und bei dem Wort Medienkontrolle oder Zensur dreht sich mir der Magen um. Gleichzeitig denke ich an Kant: Für ein friedliches und erfolgreiches gesellschaftliches Miteinander braucht es vor allem auch Weisheit. Nun ist es so, dass wir ganz so wie Oscar Wilde es beschrieben hat vielleicht wirklich zu viel lesen, hören, sehen um wirklich weise zu sein. Was uns fehlt ist die Zeit selbst zu denken, zu hinterfragen, die Ziele hinter den Zielen zu erkennen, weil die omnipräsenten Fragen “wie?”, “wann?” und “warum?” sind. Verloren geht das Wofür. Wäre es hilfreich, mediale Kommunikation stärker zu regulieren? - Um Masse und Komplexität zu reduzieren, damit sich wieder mehr Menschen die Frage nach dem Wofür stellen können? Keine Ahnung…

Zurück zum Business Coaching

Wie um alles in der Welt komme ich von der Frage nach der Bedeutsamkeit im Business Coaching auf das Ende der Demokratie? Inzwischen überrascht es mich nicht mehr, wenn meine Themen aus dem Business Coaching mich dahintreiben, die großen gesellschaftlichen Fragen zu beantworten. Denn am Ende ist auch Business oder Job eingebettet in etwas viel Größeres, das wir Zeitgeist oder Kultur nennen. Und wie immer lässt sich dieser Zeitgeist im Nachhinein immer leichter beschreiben. Die allgegenwärtig Informationsflut, die gefühlte Demokratisierung von Information, die inzwischen für jeden in Echtzeit verfügbar ist, zeichnet unsere Zeit aus meiner Sicht besonders aus. Chats und Mail fliegen hin und her und ermöglichen uns, dass alles viel, viel schneller passiert. Diese Dynamik wächst stetig an. Durch diese unfassbare Dynamik verändern sich die Dinge immer schneller. Getrieben durch Globalisierung hängt plötzlich alles mit allem zusammen und eine Veränderung in Wuhan legt mein Leben in einem Dorf bei Frankfurt gefühlt in Nullkommanix lahm…

Eingebettet in diesen Zeitgeist macht unser Business-Umfeld es uns nicht leicht, den Überblick zu bewahren, zumal schnelle Reaktionen überlebenswichtig sind. Entscheidungen müssen getroffen und umgesetzt werden, wieder und wieder und schneller als die Konkurrenz. Menschen suchen fast verzweifelt nach einem Wegweiser im Außen. Doch auch diese Wegweiser im Außen verändern sich schneller als wir sie finden können. Aus diesem Grund wird unser innerer Wegweiser zur gefühlt wichtigsten Konstante in unserem Leben, um die Richtung zu halten. Nennt es Purpose, Meaningfulness, Wofür… Die aus meiner Sicht wichtigste Fähigkeit, die wir Menschen benötigen um in dieser dynamischen, komplexen, mehrdeutigen und unübersichtlichen Welt, die wir nun wohl VUKA nennen, ist die, unseren eigenen Kurs zu halten. Ja, Organisationen geben ihr Bestes, mit Hilfe von Strategien, KPIs oder Purposes Bedeutung und Richtung zu geben. Aus meiner Sicht braucht es jedoch vor allem die eigene innere Richtung, die Bedeutung oder den Sinn, auf den ich mein Tun ausrichte, um mit Klarheit entschlossen durch dieses Chaos zu schreiten. Ich als Business Coach bin der Rahmen, den es braucht um aus der täglichen Raserei auszusteigen, innerzuhalten und das Wofür zu klären. Ist die Bedeutung, das Ziel hinter dem Ziel, geklärt, passiert der Rest häufig von allein.

Liebe Jana, liebe Lesende, natürlich geht es im Leben und im Business immer auch um Erfolg. Dieser Erfolg ist aus meiner Sicht jedoch eng verwoben mit dem Wofür, mit dem höheren Ziel (eines Individuums, eines Unternehmens, einer Gesellschaft). Somit ist der Weg zum Erfolg aus meiner Sicht mit der magischen Erkenntnis der Bedeutsamkeit gepflastert. Deshalb möchte ich euch zum Abschluss Willemsens vollständiges Zitat nicht vorenthalten: “ Wir hatten unserem Verschwinden nichts entgegenzusetzen, rieben uns auf im engen Horizont einer Arbeit, die ein Unternehmen stärker, erfolgreicher, effektiver machen sollte, aber nicht Lebensfragen beantwortete, die das Überleben sichern helfen würden. Wir waren jene, die wussten, aber nicht verstanden, voller Information, aber ohne Erkenntnis, randvoll mit Wissen, aber mager an Erkenntnis.”

Wachstum um des Wachstums Willen nennt man in der Medizin Krebs. Rennen um des Rennen Willens, schneller-höher-weiter hin zu einem Ziel, das keiner jemals definiert hat, ist vielleicht das Krebsgeschwür unseres Zeitgeistes.

Habt einen Sonntag voller Sinn und Bedeutung!

Eure Constance

Lasst es magisch werden…

Der Weg zum Erfolg ist gepflastert mit der magischen Erkenntnis der Bedeutsamkeit unseres Tuns.

Maastricht und ich - Runde II

Mein ganz persönliches Weihnachtswunder…

Auch als ich in diesem Jahr nun schon zum zweiten Mal die Universität Maastricht betrat um den Masterstudentinnen und Studenten im Bereich Wirtschaftspsychologie einen Workshop anzubieten, kam es mir erneut surreal vor. Verrückt, wie sich die Dinge für mich gefügt haben. Ich weiß noch genau, wie ich zum ersten Mal darüber nachdachte, wie man die Ideen der Luftfahrt zum Managen eines dynamischen, komplexen und mehrdeutigen Umfeld in die Welt hinaustragen könnte, Und nun stehe ich hier, in diesem altehrwürdigen Gebäude mitten im Zentrum Maastrichts. Ich liebe das Sprachen-Wirrwarr in den Gängen und diese flüchtigen Begegnungen: “Das ist XY. Er forscht bei uns im Department an…!” Und ich denke mir nur: Wow! Eigentlich müsste ich mal für sechs bis acht Wochen als Praktikant zu Gast sein um überall reinzuschnuppern. Es ist alles so spannend und zeigt mir wieder und wieder wie viel es noch zu lernen gibt! Mein eines kleines Leben wird dafür kaum ausreichen.

Völlig selig und voller Vorfreude bereitete ich meinen Raum vor und begrüßte die ersten Studierenden. Immer an meiner Seite meine liebe Freundin Conny. Uns hat das Schicksal (oder besser gesagt ihr Onkel) während Connys Bachelorarbeit zusammengeführt. Damals schaute sie sich eines meiner Trainings in der Luftfahrt an. Sie forscht in Maastricht für ihre Doktorarbeit und ich darf von ihrem großen Wissen profitieren und vor ihr lernen. Conny war wahrscheinlich die erste, über die ich meine Idee, den Ansatz des Human Factors Trainings aus der Luftfahrt hinaus in die Welt getragen habe.

So könnte man meinen, mein Erfolg hinge auch viel mit dem Glück der zufälligen Begegnungen zusammen. Sicher hatte ich das große Glück, viele wunderbare Menschen kennenzulernen. Aber dieses Glück hat sicher jeder, der mit offenen Augen und einem offenen Herzen durchs Leben geht. Ich stehe heute da wo ich stehe, weil ich all dieses zauberhaften Begegnungen gepflegt habe, ich habe hart gearbeitet und meinen Tram nie aufgegeben, weil ich an diesen Traum und auch an mich selbst geglaubt habe. -Selbst in den Momentan, in denen ich von anderen dafür belächelt wurde.

Was die Business-Welt von der Luftfahrt lernen kann…

Mit Conny lächelnd in der ersten Reihe sitzend ging mein zweiter Workshop in Maastricht also los. Was wollte ich den Studierenden vermitteln? In der Business-Welt geht es inzwischen wie auch in der Luftfahrt darum, Dynamik und Komplexität zu managen. Die Luftfahrt hat bereits vor Jahrzehnten verstanden, dass einzelne Menschen Dynamik und Komplexität gar nicht managen können. Es braucht Teams mit multiplen Perspektiven, einer breiten Wissensbasis um der stetig anwachsenden Dynamik und Komplexität unserer Zeit gerecht zu werden. Aus diesem Grund ging es in meinem Workshop vor allem darum, was Teams brauchen um erfolgreich zusammenzuarbeiten. Und, was sagt ihr? Was brauchen Teams um erfolgreich zu sein? Als aller erstes brauchen sie einzelne Teammitglieder, die den Mut haben, Verantwortung zu übernehmen und den Mund aufzumachen. Teams laden gerne dazu ein, sich als Individuum hinter dem Kollektiv zu verstecken. Nur so funktioniert es eben nicht. Ich erzähle den jungen Studierenden von diesem Co-Piloten, der nicht den Mut hatte, seinen Kapitän auf etwas anzusprechen, das ihm falsch erschien. An diesem Tag verloren 583 Menschen ihr Leben und ich stelle die Frage, wer nun Schuld sei, der Kapitän, der den Fehler gemacht hat, oder vielleicht doch der Co-Pilot, der den Fahler kommen sah, den Mund jedoch nicht aufgemacht hat. In einem komplexen Umfeld ist die Schuldfrage meistens nicht eindimensional zu klären. Vielmehr gilt es Systeme zu konstruieren, die die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolges minimieren. Hierbei zählt jeder einzelne Akteur, jede einzelne Perspektive. Ich weiß noch, wie ich damals, als ich meine Grundschulung als Stewardess hatte, verstanden habe, dass meine Perspektive nicht wichtig ist, obwohl ich jung und unerfahren war, sondern weil ich jung und unerfahren war.

Psychological Safety als Basis

Wie schwer es trotzdem ist, im täglichen Tun den Mund stets aufzumachen, merkte ich fortan auf jedem Flug. Und bis heute erlebe ich täglich, dass der Unterschied zwischen Theorie und Praxis in der Praxis einfach größer ist, als in der Theorie. Bis heute habe ich immer und immer wieder Momente, in denen ich wider besseren Wissens lieber schweige, als spreche. Was braucht es also, um zu sprechen? Es braucht das Gefühl, dass es OK ist zu sprechen, dass es sicher ist zu sprechen.

Da tauchte sie also wieder auf, diese sagenumwobene Psychological Safety. Sie ist so schwer zu umschreiben und doch so klar zu spüren. Also habe ich den Teilnehmenden meines Workshops eine praktischen Übung mitgebracht, um eben auch erfahrungsorientiert zu lernen, zu fühlen eben. Denn Psychological Safety kann ich niemanden beibringen. Ich kann bestenfalls Gedankenfutter, Food for Thought, mitbringen, das meinen Teilnehmenden hilft ihre Richtung hin zum großen Ziel zu finden. Weiß ich, wie sich das Ziel anfühlt und welchen Beitrag ich dazu leisten kann, ergibt sich der Weg.

Ich habe mich unglaublich gefreut, dass auch die beiden anwesenden Professor*innen Therese und Wim mitgemacht haben. Und auch Conny, meine Freundin und Doktorandin, war mit Feuereifer dabei. Die Gruppe hat ganz hervorragend interagiert und konnte im Nachgang viele der Punkte, die sie zuvor im Rahmen ihres Studiengangs theoretisch besprochen haben, auch im praktischen Miteinander analysieren. Besonders spannend war die Frage, welche Rolle die Teilnahme von Wim und Therese hinsichtlich der Teamdynamik gespielt hat. Für Therese und Wim wohl eine recht große, da beide sich bewusst zurückgehalten haben, damit die Studierenden sich nicht eingeschüchtert fühlen und frei und offen interagieren. Eine der Studentinnen sagte dazu, dass für sie die Teilnahme der beiden an der Übung absolut keine Rolle gespielt habe. Sie hat nicht darüber nachgedacht und sich komplett frei verhalten. Wie besser kann man ein psychologisch sicheres Lernumfeld beschreiben oder analysieren? - Aber auch die Rolle von Führung, die Menschen Raum gibt, sich selbst zurücknimmt, damit die anderen wachsen können.

Ich war ausgesprochen glücklich, diese Interaktion beobachten zu dürfen. Betrachten wir uns unsere Themen und Probleme, die globalen und die lokalen, die großen und die kleinen, dann braucht es eine junge Generation, die in einem Umfeld groß wird, in dem sie von Anfang an dazu ermuntert werden, ihren Mund aufzumachen. Denke ich an meine Schulzeit zurück, wurde ich zur Zurückhaltung erzogen. Galt ich doch als jung und ahnungslos. Ich habe eine ganze Weile gebraucht, bis ich wirklich ausreichend Mut hatte, offen kritisch zu sein, zu hinterfragen und Ideen anzubieten. Diese Zeit hat die nächste Generation wahrscheinlich nicht, wenn sie dieser Welt die neue Richtung geben will, die es braucht.

Was haben sich die Studierenden mitgenommen?

So verging mein Workshop wie im Fluge und ich habe um das akademische Viertel überzogen. Was ich mir jedoch nicht nehmen lassen wollte, war die Frage nach den Takeaways:

  • Eine positive Teamdynamik kann Fehler verhindern, auch wenn die Bedingungen und Umstände alles andere als gut sind.

  • Kultur und Haltung verspeisen auch in Transformationsprozessen Struktur und Prozesse zum Frühstück.

  • Speak up!

Gedanken zum Abschied…

Im Gehen haben Conny, Therese und ich noch darüber gesprochen, dass wir in einem kulturellen Wandel von der Tragweite der Industrialisierung stecken ohne es wirklich zu verstehen. Digitalisierung ist das große Thema unserer Zeit und wird Arbeitswelten und Arbeitskultur nachhaltig verändern. Auch deshalb braucht es ganz neue Ideen und Perspektiven. Ich erlebe noch immer vor allem qualitative und quantitativ messbare Veränderungsprozesse. Prozesse werden optimiert, was das Zeug hält… Aber am Ende schreit unsere Zeit wahrscheinlich nach substantiellen Veränderungen. Auch dafür brauche wir eine frische und neue Generation, die in der Lage ist, alles anders zu sehen, als wir. Unsere Herausforderung wird es sein, das auszuhalten! Der gegenwärtige Generationenkonflikt ist für mich durchaus greifbar.

Wo mich diese Veränderung hinführt? Keine Ahnung. Aber Coaches werden immer gebraucht. Denn der Mensch ist und bleibt die einzige Instanz, die in der Lage ist, Dynamik und Komplexität proaktive zu managen, wenn er denn die Richtung und den Überblick nicht verliert. Und ich als Coach bin an dieser Stelle wie eine Art Navigationshilfe für Individuen und ganze Organisationen. Ich persönlich denke, der Coaching-Markt wird sogar noch ein bisschen wachsen.

In diesem Sinne gehe ich jetzt auf den Weihnachtsmarkt und wünsche euch einen schönen ersten Advent!

Eure Constance

Maastricht und ich…

Und auch im nächsten Jahr wird sich das Riesenrad für mich weiterdrehen!