Fokus

Der Fiebertraum vom Sinn - alles auf Anfang

Wir glauben Erfahrungen zu machen, aber Erfahrungen machen uns.
— Eugène Ionesco

Eine Reise in die Vergangenheit

Ich habe ja bereits in meinem letzten Blog davon berichtet, dass ich Euch dringend mit auf die Reise nehmen möchte, auf die mich meine fiebrigen Träume während meiner Corona-Infektion geschickt haben. Ich war selbst so erstaunt, dass ich mir alles schnell notiert habe, als ich wieder halbwegs fit war.

Ich lag also bei 40 Grad Außentemperatur und 39,5 Grad Fieber unter meiner dicken Daunendecke. Ich starrte die Wand an. Den Hund hatte ich als Wärmflasche dabei. Und plötzlich gingen meine Gedanken auf die Reise, zurück zu meinen Wurzeln, zu zwei besonderen Sehnsuchtsorten, an denen ich Erfahrungen gemacht habe, die mich und meinen ungewöhnlichen Weg stark geprägt haben. Es waren Momente, die ich selbst tief in meiner Erinnerung vergraben habe und die das Fieber plötzlich wieder nach oben gespült hat.

Der Zauber der grünen Insel

So lange ich denken kann, habe ich davon geträumt, zu reisen, die Welt in allen ihren bunten Farben zu erleben, Menschen und Kulturen kennenzulernen und alles das ganz tief in mich aufzusaugen. Kein Wunder, dass ich bei einer Airline gestrandet bin und 21 lange Jahre die Finger nicht von fliegen lassen konnte! Dabei gab es immer zwei Orte, die auf ganz besondere Weise an meiner Sehnsucht und an meinem Fernweh angedockt haben. Der eine etwas erreichbarer als der andere. -Damals, als Teenager. Ich weiß nicht warum, aber seit meiner Teenagerzeit hat es mir die grüne Insel angetan. Ich hasse Regen! Aber ich musste einfach nach Irland. Und wenn ich etwas wollte, konnte ich recht kreativ werden, um es zu erreichen. Geld hatte ich keines, aber zwei gesunde und fleißige Hände und so habe ich meine Sommerferien zwischen der 11. und 12., sowie zwischen der 12. und 13. Klasse in Irland verbracht. Im ersten Sommer habe ich in einem Hotel gekellnert und im zweiten Sommer in einem Pub hinterm Tresen gestanden. Es war eine wilde Zeit, werte Lesende, auf die ich nicht genauer eingehen möchte…

Nach meinem Abitur hat es mich natürlich wieder in die Ferne gezogen und da ich Irland mochte, habe ich meinen Rucksack gepackt und mich erstmal gen Norden aufgemacht, obwohl mein eigentliches Ziel in völlig entgegengesetzter Richtung lag.

Mein Fiebertraum hat mich wieder zurück in diese Zeit nach meinem Abi katapultiert. Ich fand mich in diesem alten hölzernen Schaukelstuhl in der Aille River Hostel in Doolin wieder, tief im irischen Westen. Draußen prasselte der Regen, drin das Feuer im Kamin. In meiner Hand hatte ich eine Blechtasse mit Tee. Den gab es im Hostel kostenlos und ich war ja quasi ohne Geld unterwegs. Ich trank damals sehr viel kostenlosen Tee.

Irischer Sommer: Ich war durchgefroren und auch ein wenig nass, da ich vorher an den benachbarten Cliffs of Moher war. Diese imposanten Steilklippen haben bei Regen einen ganz speziellen Charme. Ich stand fast allein am Rand der Klippen. Es war ein Ort, an dem die Welt einerseits aufzuhören schien, andererseits schien es jedoch so, als läge hier die ganze Welt erst vor mir. Der Horizont war unendlich. Damals, mit 19, war das ein unbeschreibliches Gefühl von Grenzenlosigkeit und Möglichkeiten. Die Möwen schrien, das Meer tobte und der Himmel war unglaublich wild. Ich weiß nicht, wie lang ich mich meinen Gedanken hingegeben habe. Sicher viel länger, als ich es mir heute gönnen würde. Damals hatte ich Zeit! Irgendwann war es dann jedoch der Regen, der mich zurück nach Doolin trampen ließ.

Als ich das Hostel betrat, wollte ich eigentlich heiß duschen, aber im Gemeinschaftraum saß eine illustre Gesellschaft Reisender, mit denen ich schon in den letzten Tagen immer wieder das Leben rauf und runter diskutiert habe. Also machte ich mir einen Tee und setzte mich dazu. In meinem Fiebertraum konnte ich den Tee, die Feuchtigkeit und das Torffeuer riechen. Ich konnte spüren, wie ich mir die Hände vorsichtig an der Tasse wärmte und langsam hin und her schaukelte. Dabei knarrte der alte Schaukelstuhl ganz leise und rhythmisch.

Wir kamen von überall her. Wir waren so bunt und unterschiedlich und wir hatte alle so unglaublich viel Lust auf das Leben.

Einer stach aus der Truppe heraus. Die graue Eminenz! Ein Amerikaner, Andrew. Er war schon ziemlich alt, Mitte dreißig (also knapp zehn Jahre jünger als ich heute!). Andrew wollte wissen, ob ich ein bestimmtes Ziel hatte. -Wo ich hinreisen möchte? Oder ob ich mich einfach treiben lassen würde? - So wie er seit 15 (!) Jahren.

Der Traum von Afrika

Ich hatte ein Ziel! Natürlich hatte ich ein Ziel! Ich habe immer ein Ziel. Seit ich Kind war, hatte ich dieses Ziel, das viel zu lange viel zu unerreichbar schien! Aber nun sollte es an der Zeit sein: Ich wollte nach Afrika. Die unendlichen Weiten, die imposante Landschaft, Wüsten, Flussdeltas, Sumpfland, Steppen, der Busch! Und all die Tiere und die Menschen. Die Farben! Afrika war für mich der Inbegriff von Magie.

Eine junge Kanadierin, Marissa Atos (oder so ähnlich), hörte uns zu und fragte schließlich, ob das nicht ganz schön gefährlich sei, also in Afrika als Frau, allein. Ich kam nicht dazu zu antworten. Es war Andrew, der lächelnd das Wort ergriff und erklärte, dass die gefährlichste Begegnung, die man auf einer solchen Reise haben könne, die mit sich selbst sei. Sich selbst in allen seinen Farben zu sehen, sei der größte Wahnsinn, der einem im Leben passieren könne. Marissa und ich fragten nicht weiter nach. Ich hatte keine Ahnung, was er meinte, aber die beiden Sätze haben sich in mein Gedächtnis gebrannt, wie als ob meine Seele schon viel mehr wusste, als mein 19-jähriges Ich verstehen konnte.

Als der Regen weniger wurde, machten wir uns alle gemeinsam auf den Weg ins benachbarte Pub, Fitzpatrick’s, tranken Guinness mit schwarzem Johannisbeersirup, lachten, hörten der Musik zu, sangen mit und genossen den Moment. Spät abends, als wir wieder zurück im Hostel waren, schrieb Andrew mir noch einen Spruch in mein Reise-Poesiealbum: “Two roads emerged from the woods. I took the one less travelled by. That made the difference.” Ich hatte damals keine Ahnung, dass Andrew meine Zukunft in nur drei Sätzen weissagen würde. Aber ich fand ihn cool, diesen Spruch.

Zeitsprung, denn der Fiebertraum macht es möglich

Im wirklichen Leben dauerte es nach diesem Abend an der wilden irischen Westküste noch eine Weile, bis ich schließlich in Afrika war. Mein Fiebertraum ermöglichte mir einen Zeitsprung. Was ich im Busch gesucht habe, habe ich schließlich und wider aller Erwartungen in einer lauten, bunten, wilden afrikanischen Metropole gefunden.

In meinem Traum fand ich mich in einem “Black Taxi”, einem Sammeltaxi mit dem vorzugsweise die farbigen und schwarzen Südafrikaner unterwegs waren, wieder. Ich reiste noch immer mit sehr kleinem Budget! Es war eng, sehr laut und stickig und trotzdem war es einer der magischsten Momente meines Lebens, als der De Waal Drive um eine langgezogene Kurve führte und plötzlich Kapstadt in all seiner Pracht vor mir lag. Links von mir thronten majestätisch der Devil’s Peak und der Tafelberg. Weiter weg konnte ich den Signal Hill erkennen. Waren das da tatsächlich grasende Antilopen? Ich war wie verzaubert und spürte trotz dieser Enge im Taxi eine riesige Weite. Rechts vor mir lag die Stadt, so wunderschön. In der Table Bay glitzerte das Wasser und Robben Island lag in der Ferne. Der Himmel war strahlend blau und ich war sprachlos. Das war er, der Ort, den ich so sehr gesucht habe. Ich glaube es war schon dieser flüchtige Moment, dieser erste Eindruck, der dazu führte, dass ich in den nächsten Jahren mein Leben darauf ausgerichtet habe, mehr Zeit in Kapstadt als in Deutschland zu verbringen. Es waren drei ausgesprochen lebendige und bunte Jahre. Dieser Schmelztiegel am Ende der Welt hat mich in seinen Bann gezogen und ich habe das Leben Schritt für Schritt aus anderen Augen sehen können.

Lange konnte ich nicht in dieser Situation verweilen. Mein Traum katapultierte mich direkt weiter.

Irgendwann, vielleicht nach ein oder zwei Jahren in Kapstadt ist es nämlich passiert; der Moment, von dem Andrew gesprochen hat, der Moment, an dem ich mich für einige Sekunden in allen meinen Farben sehen konnte. Eine wirklich gefährliche Begegnung, zu der mich meine fiebrigen Gedanken zurückgeführt haben. Es war in Camps Bay, einem Stadtteil von Kapstadt mit einer großartigen Strandpromenade mit Palmen, Restaurants und Bars, ein bisschen wie Miami! Der Strand war links und rechts von großen, abgerundeten, hellgrauen Felsen eingerahmt, die weit ins Meer führten, wie Brücken ins Nirgendwo. Die Sonne war am Untergehen und tauchte die Szenerie in ein fast unwirkliches Licht. Ich bin ganz bis ans Ende der Felsen geklettert, saß da und schaute aufs Meer hinaus, das sanft und rhythmisch rauschte. In der Ferne hörte ich Musik und Lachen. Es roch nach Salz und Sommer. Keine Ahnung, was dann passierte, aber plötzlich war da dieser Moment, in dem ich mich selbst dort sitzen sah. Nur ich, ich selbst, echt und ungeschönt, unverstellt und authentisch. Ich sah eine junge Frau mit unendlicher Neugier und Energie, mit unglaublicher innerer Stärke, Mut und Kreativität. Ich saß da in meiner hellblauen Cargo-Hose und dem beigen Sonnentop und mir gefiel extrem was ich sah. Der Fels unter mir war herrlich warm und der Wind wehte sanft. Vielleicht war das der einzige Moment in meinem Leben, in dem ich noch nicht einmal einen Hauch von Selbstzweifeln empfunden habe. Unglaublich gefährlich, denn plötzlich dachte ich, dass für mich einfach alles möglich war. Eine ganze Welt voller Möglichkeiten stand mir offen.

Wahrscheinlich ist das Unterbewusstsein ziemlich klug

Irgendwann war das Fieber weg und ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen, warum mein Unterbewusstsein mir ausgerechnet diese Momente hochgespült hat. Es wollte mich wohl an etwas erinnern, dass ich im Alltagswahnsinn vergessen habe: Ich bin noch immer neugierig, voller Energie, ich bin stark, mutig und kreativ. Aber vor allem liegt vor mir eine ganze Welt voller Möglichkeiten. Ja, ich bin älter geworden, aber ich bin noch immer ich und vielleicht wollte mich mein Fiebertraum auch an all die ungewöhnlichen Wege erinnern, die ich bislang noch nicht beschritten habe, von denen ich aber tief in mir schon lange träume. Ganz so wie ich sehr lange von Afrika geträumt habe.

Denn so wie es war, wird es nie mehr sein…

… und so wie es ist wird es ganz bestimmt nicht bleiben. So vergingen die Jahre. Nichts ist so Gewiss wie der Wandel. Während sich alles um mich herum verändert hat, bin ich selbst zur wichtigsten Konstante in meinem Leben geworden. Afrika trage ich in meinem Herzen und habe es doch auch ein Stück weit hinter mir gelassen. Jahrelang war ich immer wieder in Urlaub dort. Noch immer ist Kapstadt die zauberhafteste Stadt der Welt, nur mein Seelenort ist Kapstadt irgendwie nicht mehr. Es war nicht der Ort, es waren die Menschen, die mich echt sein ließen, die es mir erlaubten, mich selbst zu finden.

Jürgen, Rolz, Shane und Elias halten noch immer die Stellung in Kapstadt, Vee ist in Texas, Mel in New Orleans, Saul ist in Neuseeland, Tracey ist schon lange tot - scheiß Krebs - , Cass ist in Qatar, Paul ist in London, Sylvia lebt in Amsterdam, Ivan ist verloren gegangen, James hat sein Glück in Australien gefunden, Svenja habe ich aus den Augen verloren, Delme hat Corona nicht überlebt, Arthur ist mal hier, mal da, Tim scheint auf einem anderen Planeten zu sein, Bronie passt aufs Zebra Crossing auf, Avril wandelt auf den Weltmeeren, Philippe ist irgendwo in Belgien... Ich bin zurück zuhause und trage sie alle in meinem Herzen. Das, was ich in den entlegensten Ecken diese Welt gesucht habe, habe ich schließlich tief in mir gefunden.

So stehe ich heute also wieder da, an den Klippen meiner Gedanken, am Meer meiner Träume und eine ganze Welt voller Möglichkeiten liegt vor mir. Natürlich riecht der Wind nach Veränderung… Und ja, ich habe ein Ziel! Ich habe immer ein Ziel! Eines das viel zu lange unerreichbar schien. Aber vielleicht ist es nun an der Zeit.

Genießt Euren Sonntag, den Moment und das Leben.

Eure Constance

Seelenort

Two roads emerged from the woods. I took the one less travelled by. That made the difference.

Was ist wirklich wichtig? -Onboarding die Fünfte!

Helau und Alaaf…

Was Clowns mit meinem Onboarding zu tun haben? Eigentlich nichts! Aber verdammt, morgen ist Rosenmontag und wie so vieles in den letzten elf Monaten verstreicht auch dieser für mich besondere Moment einfach so, ohne auch nur einen Moment inne zu halten. Ich merke an mir, dass ich langsam aber sicher immer unzufriedener werde. - Um nicht zu sagen, mir reicht’s! Und das hat natürlich mit der Frage, was denn nun wirklich wichtig ist, zu tun. Die Antwort darauf ist super individuell. Mir wäre es jetzt langsam aber sicher mal wieder wichtig, meine Freunde zu sehen, zu tanzen und zu feiern. Klar, ich bin ja auch keine Risikogruppe und arbeite auch nicht auf einer der total überlasteten Intensivstationen. Halte ich mir das vor Augen, dann schaffe ich es doch irgendwie Tag für Tag weiterhin zuhause zu bleiben und den Ist-Zustand auszuhalten. All jenen, die langsam aber sicher immer deutlicher um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten müssen, fällt dieses Aushalten bestimmt deutlich schwerer als mir. Ich freue mich für die Frisöre, die ja bald wieder loslegen dürfen, gleichzeitig tun mir all die Gastronomen, Kosmetiker, Inhaber kleiner Geschäfte und so weiter unendlich leid. Was ist denn nun wirklich wichtig? Die Wirtschaft? Der Schutz der vulnerablen Gruppen? Menschen vor den psychischen Folgen eines Lockdowns zu schützen, oder vor den physischen Folgen einer weiteren Welle? Eine europäische Lösung? Das Beste für Deutschland? Schulen auf? Schulen zu? Das ist alles ganz schön komplex und am Ende bin ich froh, dass ich nicht festlegen muss, was wirklich wichtig ist, um danach den Weg eines ganzen Landes auszurichten. Ich tue mir ja mit meinem eigenen Weg gelegentlich schwer genug.

So viel zu lernen, so viel zu tun

Mein eigener Weg führt mich dann auch direkt zu meinem Onboarding. Denn während meiner letzten Arbeitswoche kam die Frage, was denn wirklich wichtig ist, gleich mehrfach auf. Zum einen habe ich mich selbst immer wieder fragen müssen, wo denn nun meine Prioritäten sind, um nicht den Überblick zu verlieren. Außerdem ist mir immer wieder die Frage begegnet, was denn wichtiger sei, Mindset oder Methode. Und dann war da auch noch die Frage, was denn nun das Ziel der Tätigkeit eines Agile Coaches sei.

In aller Bescheidenheit fange ich mal mit mir selbst an. Inzwischen verstehe ich recht gut, was ich zukünftig zu leisten in der Lage sein sollte. Hierfür bringe ich in der Tat schon recht viel mit, allerdings konnte ich auch ganz klare Entwicklungsräume definieren, die ich in der letzten Woche auch gemeinsam mit meiner Chefin in meiner Zielvereinbarung für mein erstes Jahr festgehalten habe. Im Wesentlichen ist es so, dass ich mir sicher bin, bereits alles das mitzubringen, was ich als Coach und Teamentwickler brauche, um erfolgreich arbeiten zu können. Was mir jedoch noch fehlt ist mehr Basiswissen (oder agile Methodenkompetenz) um noch kompetenter und sicherer beraten zu können. Kanban, Lean, Obeya, da ist noch Luft nach oben bei mir! Diese Erkenntnis war leider mein ganz großes Dilemma, denn eigentlich hätte ich mich total gerne in Richtung Design Thinking, bzw. PACE weiterentwickelt, weil ich gerade Design Thinking total spannend finde. Ich finde es passt toll zu Scrum und würde mein persönliches Portfolio super gut ergänzen. Aber da war sie wieder, die Frage, was (in diesem Jahr) wirklich wichtig ist! Und genau diese Frage habe ich mir vor zwei Wochen bereits selbst sehr deutlich beantwortet. In meinem vorletzten Blog habe ich euch von den sogenannten OKRs, den Objectives und Key Results, berichtet. Parallel dazu habe ich mir mein eigenes Ziel, also mein Objective, und die drei Meilensteine, die mich diesem Ziel näherbringen, also meine Key Results, definiert. In den letzten zwei Wochen habe ich mich tatsächlich jeden Tag nach getaner Arbeit gefragt, was ich an diesem Tag alles getan habe, um mein Ziel, nämlich das Ankommen in der Bank, im neuen Job und bei meinen Coachees, zu erreichen.

In den ersten drei Tagen habe ich tatsächlich sogar völlig vergessen, was ich mir als Ziel und Meilensteine gesetzt habe. Na ja, es war auch wirklich viel los! -VUCA eben! An Tag vier hatte ich alles zwar im Kopf, habe es aber tagsüber immer wieder vergessen. So habe ich vor mich hin gewerkelt und abends, wenn ich mir meine OKRs angeschaut habe, war ich heilfroh, wenn ich jeden Tag mehr oder weniger zufällig etwas getan habe, was dem Ganzen zuträglich war. In der zweiten Woche gab es tatsächlich Momente, in denen ich mich bevor ich auf etwas aufgesprungen bin bewusst gefragt habe, ob das denn nun hinsichtlich meines großen Ziels sinnhaft ist, oder ob es mich vielleicht sogar von meinem Ziel abbringt. Tja, und hinsichtlich meiner Zielvereinbarung war die Versuchung so groß, dass ich mich fast selbst von meinem eigentlichen Kurs abgebracht hätte… Tja, sie machen halt doch Sinn, all diese “fancy” Methoden der schönen neuen Welt der New Work. -Leider! Deshalb muss Design Thinking noch ein Jahr warten!

Methode oder Mindset… Verlaufen im Dschungel der Agilität

Diese Welt der New Work wartet gefühlt wöchentlich mit neuen Methoden auf. Letzte Woche tauchte so plötzlich Kata in meiner Arbeitswelt auf. Schon wieder so eine neue Methode, von der ich gefühlt zu wenig Ahnung habe und die ich mir möglichst schnell erarbeiten müsste… Ich habe tatsächlich gemerkt, dass ich innerlich in den Widerstand gegangen bin. Mir hat es gereicht. Ich wollte mich lieber zunächst in all dem “alten Neuen” zurechtfinden, eh ich mir schon wieder etwas Neues erarbeiten muss. Wie es wohl meinen zukünftigen Kunden oder Coachees gehen würde, wenn ich all diese schicken und durchaus auch sinnvollen Methoden einführen würde? - Nachdem sie gerade erst alles auf links drehen mussten, weil so eine agile Transformation alles gehörig auf den Kopf stellt? Geht es denen am Ende womöglich genau wie mir und sie gehen in den Widerstand, weil alles einfach zu viel wird? Verstehen könnte ich es.

Was mir in der letzten Woche wirklich geholfen hat, Kata zwar zur Kenntnis zu nehmen und es dann auch wieder loszulassen ohne darüber zu meckern, dass da ja schon wieder etwas Neues ist, war, dass ich Kata sofort einordnen konnte, weil ich für mich verstanden habe, was Agilität im Kern bedeutet.

Agilität ist nicht die stumpfsinnige Reproduktion der neusten Methoden, sondern das Verständnis dessen, was dahintersteckt. Oder anders ausgedrückt: was ist wirklich wichtig, um agil zu sein?

  • Das Verständnis dafür, dass ich mich in einem dynamischen und komplexen Umfeld bewege, in dem sture Schwarz-Weiß-Malerei nicht mehr zielführend ist.

  • Die Akzeptanz dafür, dass ich alleine nicht in der Lage bin, diese Dynamik und Komplexität zu managen. Das Team ist der Schlüssel zum Erfolg und meine Kollegen sind meine wertvollste Ressource.

  • Die Erkenntnis, dass es am Ende meine Kunden sind, die mich erfolgreich machen und ich deshalb mein Produkt oder meine Dienstleistung von Anfang an auf meine Kunden ausrichten sollte.

Habe ich das einmal verstanden, dann darf ich mir die Methoden heraussuchen, die mich bestmöglich dabei unterstützen, den Fokus zu wahren oder den Überblick nicht zu verlieren, Voraussetzungen für meine Kollegen zu schaffen, die ihnen die Sicherheit geben, um gemeinsam ihre beste Leistung abzurufen (kleiner Seitenhieb auf die großartige Amy Edmondson und die Psychological Safety) und dafür sorgen, dass ich alles das, was ich tue, auf meine Kunden ausrichte. Am Ende sind es doch immer wieder die gleichen Füße in unterschiedlichen Schuhen…

Auch Coaches verlieren mal die Ausrichtung… Oder doch nicht?

Ja, die Möglichkeiten in der New Work scheinen schier endlos. Deshalb sind auch die Ansatzpunkte für Agile Coaches ähnlich vielfältig, was das Leben wirklich bunt und abwechslungsreich macht. Allerdings bieten all diese Möglichkeiten eben auch das Potenzial sich in ihnen zu verlaufen. Aus diesem Grund ist es auch für uns Coaches wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, was wir mit unseren Maßnahmen erreichen wollen. Auch wir Coaches dürfen hierbei nicht die Bedürfnisse unserer Kunden aus den Augen verlieren, denn um sie geht es. Es geht darum, unseren Kunden dabei zu helfen, ihren ganz eigenen und für sie stimmigen Weg hin zur High Performance zu finden. Arbeitet man nun als Team agiler Coaches in einem großen Unternehmen, ist es absolut notwendig, sich als Coaches auszutauschen, an einem Strang zu ziehen und sich gemeinsam zu fragen, was denn nun wirklich wichtig ist. Das ist ein spannender und anspruchsvoller Prozess, auf den ich mich wirklich freue. Denn wer glaubt, dass Coaches besser darin sind, sich zu fokussieren, als ihre Coachees, den muss ich enttäuschen. Auch Coaches unterliegen den Zwängen des Menschseins! Ich bin gespannt, wie meine Reise gemeinsam mit meinem neuen Team hier weitergehen wird!

Heute schon ‘nen Clown gefrühstückt?

Was hilft euch denn dabei, den Fokus nicht zu verlieren? Und wie geht es euch mit Veränderungen und Neuerungen? Und dem Lockdown? Was ist für euch momentan wirklich wichtig? Darüber was in diesem Corona-Wahnsinn wirklich wichtig ist, denke ich noch immer nach. Parallel dazu denke ich an diesen Fassenachts-Sonntag, an dem ich als Clown gefrühstückt habe, total verkatert und in der Hoffnung, dass mich O-Saft, Croissant und Kaffee für den nächsten Umzug wieder fit machen… Am Ende hat ein Pikkolöchen mein Problem gelöst und ich bin mir sicher, ich werde noch viele Rosenmontage feiern können, im nächsten Jahr vielleicht sogar noch etwas ausgelassener als sonst. Aber für den Moment scheint es tatsächlich wirklich wichtig zu sein, vernünftig und geduldig zu bleiben, auch wenn es in dieser komplexen und dynamischen Welt tausende Störfeuer gibt, die immer wieder versuchen, mich von meinem Fokus abzubringen.

Helau und Alaaf ihr Fasenachter und Karnevalisten… Und für den Fall, dass ihr die Liebe zur Fasenacht nicht verstehen könnt, ihr nicht nachvollziehen könnt, warum einem der Rosenmontag wichtig sein könnte, ist das nicht schlimm. Jeder hat seine besonderen Daten im Kalender, Daten, die uns wichtig sind. Über die Wichtigkeit von Weihnachten als Familienfest wurde ja zum Beispiel unglaublich viel und öffentlich diskutiert. Aber was bleibt ist eben die Frage was wirklich wichtig ist.

Ich werde sicher noch den ein oder anderen traurigen Moment haben, aber ich werde mich versuchen, auch darauf zu freuen, dass die Zeit wiederkommt, in der wir diese besonderen Feste wieder feiern können. Und bis dahin ist es eben wirklich wichtig, dass so wenig Menschen wie möglich an diesem sch*** Virus sterben, denn hier geht es nicht um Zahlen und Statistiken, sondern um Familien und Schicksale und es gibt jetzt schon zu viele Familien, die ihre Feste im nächsten Jahr mit dem Gefühl feiern müssen, dass jemand fehlt.

Eure Constance

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Nein, heute leider keinen Clown gefrühstückt

Aber hoffentlich wieder im nächsten Jahr!